Es ist Morgen. Du wachst auf und einen Moment lang hoffst Du. Was genau? Das ist nicht immer klar. Dass die Krankheit vorbei ist. Dass die Schmerzen weg sind. Dass Du nicht mehr müde bist. Auf jeden Fall gibt es immer eine Art Enttäuschung, wenn Du feststellst, dass deine Hoffnungen nicht erfüllt wurden.
Diese Enttäuschung ist noch schlimmer in Zeiten, in denen Du ständig müde bist. Jeden Morgen hoffst Du, dass alles vorbei ist, dass Du Dich endlich ein bisschen ausgeruht fühlst. Und jeden Morgen bist Du enttäuscht, weil diese überwältigende, heimtückische Müdigkeit immer noch da ist… Es ist, als ob sie an Deiner Haut klebt. Sie hört nie auf. Sie ist immer da. Zumindest fühlt es sich so an. Du hast dieses Gefühl, dass Du immer müde sein wirst, dass es endlos ist. Und es ist wahr, dass es manchmal endlos erscheint, wenn Du müde bist. Es ist, als ob Du in einem dichten Nebel stündest. Als ob Du davon gelähmt wärst.
Schmerz ist eine Sache, Müdigkeit eine andere. Es ist wie Estrich, der dich ganz und gar bedeckt. Du scheinst ihn nicht loszuwerden. Bis zu einem gewissen Punkt ist Schmerz erträglich, kontrollierbar. Aber Müdigkeit schien mir immer viel schwer fassbarer zu sein. So gibt es wirklich Tage, an denen Du müde bist, müde zu sein. Müde von dieser Müdigkeit, die alles zu dominieren scheint.
Und dann kommt die Frustration, wenn Du von anderen hörst, dass sie müde sind. Jeder fühlt sich müde, nicht wahr? Am liebsten würdest Du ihnen sagen: “Nein, höre auf, du weißt nicht, was es heißt, müde zu sein, was echte Müdigkeit ist”. Und dann argumentierst Du mit Dir selbst, denn schließlich hast Du früher immer das Gleiche getan.
Am Ende ist das Frustrierende nicht, dass andere sagen, sie seien müde, sondern dass es nur ein Wort gibt, um eine Realität zu beschreiben, die so anders zu sein scheint. In der Tat, was hat diese gelegentliche Müdigkeit am Ende des Tages mit jener nagenden, hartnäckigen, permanenten Müdigkeit gemeinsam, die auch mit Schlaf nicht weggeht? Sie hat nichts mit jener fast schon als angenehm zu bezeichnender Müdigkeit zu tun, die man nach einer großen körperlichen Anstrengung oder am Ende eines arbeitsreichen Tages empfinden kann. Nein, es ist genau das Gegenteil. Das Schlimmste daran ist, dass sie anhält und den bitteren Eindruck eines endlosen Tunnels hinterlässt.
Diese Momente der Müdigkeit werden oft von Entmutigung begleitet. Du fragst Dich, warum Du weitermachen sollst, wenn Du doch einfach im Bett bleiben und nichts tun könntest… Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, mit diesen Momenten der Erschöpfung besser umzugehen, auch wenn es manchmal immer noch schwierig ist. Hier ist, wie ich es mache:
1. Sich Zeit für sich selbst nehmen
Auch wenn ich gerne mehr für andere da wäre, habe ich gelernt zu akzeptieren, dass ich in diesen Momenten unbedingt eine Pause machen muss. Auch wenn diese Pausen oft erzwungen sind. In diesen Momenten ist es wichtig, zur Ruhe zu kommen, sich auszuruhen, alleine zu sein und Dinge zu tun, die mir gut tun, wie z.B. lesen, Filme schauen, etc. Andere zu sehen, kann auch helfen, erzeugt aber vielleicht mehr Müdigkeit als nötig. Es ist daher wichtig, Aktivitäten zu finden, die einem gut tun und gleichzeitig die Möglichkeit bieten, sich zu erholen.
2. Mit sich selbst nachsichtig sein
Es ist ein Kampf, aber ich versuche, in diesen Momenten nicht zu anspruchsvoll mit mir selbst zu sein. Ich muss akzeptieren, dass jede Aktivität mehr Energie kosten wird und ich deshalb weniger tun werde. Akzeptieren, dass ich auch mal einen Tag im Bett verbringen werde, wenn es nötig ist. Anerkennen, dass es verständlich ist, wütend zu sein. Verstehen, dass wütend sein Kraft und Energie kostet, die nur in kleinen Mengen vorhanden sind, und dass es die Situation nicht ändern wird. Geduldig sein und warten, bis es vorübergeht. Daran denken, dass es am Ende besser werden wird.
3. Akzeptieren, Hilfe zu bekommen
In Zeiten großer Erschöpfung ist es besonders wichtig, sich helfen zu lassen und die Hilfe anzunehmen, die man braucht. Das bringt Dich natürlich wieder in den Zustand der großen Müdigkeit zurück. Aber gleichzeitig erlaubt es Dir, ein wenig mehr zu tun, als Du allein tun könntest.
4. Nicht zu sehr darauf achten, was andere Leute sagen
Es kann vorkommen, dass andere nicht ganz verstehen, was es bedeutet, durch eine so anstrengende Zeit zu gehen und wie erschöpfend sie ist. Dann ist es wichtig, zu erklären und ihnen verständlich zu machen, wie es sich anfühlt. Zu diesem Zweck scheint mir die Verwendung von Metaphern immer sehr nützlich. Wenn sie es jedoch nicht verstehen, ist es wichtig, nicht zu sehr darauf zu achten, was andere in diesen Momenten sagen. Egal, ob es Vorwürfe oder verletzende Worte sind, die absichtlich oder nicht gesagt wurden. Wenn man sehr müde ist, kann es sehr wohltuend sein, einen Schritt zurückzutreten, um neue Kraft zu schöpfen.
Sobald die Phase der anhaltenden Müdigkeit vorbei ist, kannst Du dann wieder voller neuer Energie nach außen und auf andere schauen.
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