Groß und schlank, ein sonniges Lächeln, mit positiver Energie geladen, so wirkt Michael Zakall, wenn man ihn zum ersten Mal trifft. Doch leidet der gelernte Schauspieler seit 2015 an einer chronischen Darmerkrankung, die seine ganzen Projekte auf den Kopf gestellt hat und ihn dazu gebracht hat, einen neuen Weg für sich selbst zu finden.
Sehr motivierend und extrem inspirierend, so würde ich mein Gespräch mit Michael beschreiben!
1) Wer bist Du und was hast Du für eine chronische Krankheit?
Mein Name ist Michael Zakall. Ich bin gelernter Musicaldarsteller und Schauspieler. Seit 2015 leide ich an einer chronischen Darmerkrankung, Colitis Ulcerosa – ich habe sehr lange gebraucht diesen Namen zu lernen! -, die den letzten Teil des Darms betrifft. Davor hatte ich nicht mal eine Allergie.
2) Wie wirkt sie sich auf Dein Leben aus?
Die chronische Krankheit kommt in Schüben, vielleicht ist es das wichtigste Merkmal. Es entzündet sich dabei der Darm. Es bedeutet, dass ich wesentlich öfters als normal auf die Toilette gehen muss. Ich habe wesentlich stärkere Durchfälle und einen schlimmeren Stuhlgang mit Schmerzen. Da ich viel Flüssigkeit über den Darm verliere, habe ich auch Nährstoffprobleme, wesentlich mehr als andere. Ich bin körperlich wesentlich unfitter und schwächer. Wenn die chronische Krankheit sehr stark ist, dann ist es sowohl eine körperliche als auch eine psychische Belastung, weil Nährstoffmangel mehr „biologischen Pausen“ verursacht. Das hat berufliche Auswirkungen, bei der Auswahl meines Jobs, aber auch Auswirkungen auf den Alltag, der ganz anders gestaltet werden muss.
3) Wie gehen Deine Familie/Deine FreundInnen damit um?
Anfangs, als die chronische Erkrankung neu war, war es sehr schwierig, weil natürlich niemand eine Ahnung hatte, einschließlich mir, wie man damit umgeht: Niemand wusste, was der richtige Umgang war. Da erstmal zu lernen, die richtige Kommunikation zu finden., war schwierig.
Es gab auch Leute, die immer helfen wollten, obwohl es nichts gab, wie man helfen konnte. Das war sehr schwer: Meine Familie wollte z.B. sehr viel helfen.
Ich habe mich sehr von meinen Freunden distanziert. Die Freunde waren mehr passiv an dem ganzen beteiligt: Sie konnten weder etwas tun noch mit mir darüber reden noch mir beistehen. Indem die Freunde, die einfach da waren und nichts getan haben, alles richtig gemacht haben, haben die Freunde, die da waren und Hauptsache irgendetwas tun wollten, alles falsch gemacht. Das war sehr schwer, da einfach eine Basis zu finden, wie man sich versteht.
Mittlerweile gehen sie alle sehr gut damit um. Sie haben gelernt, einfach ein offenes Ohr zu haben, wenn ich sage, dass es mir nicht gut geht, dass ich gerade Probleme habe, dass es wieder anfängt, dass ich Stimmungsschwankungen oder plötzlich eine falsche Einstellung habe, dass ich übermotiviert bin, auch wenn es nicht unbedingt sein sollte, weil die Situation nicht so gut aussieht. Mittlerweile nehmen sie es sehr gut auf. Meine Familie und Freunde habe ich alle sehr gut „zurückgewonnen“ und ich habe sie auch gut darauf vorbereitet, wenn wieder schlechte Phasen kommen, wenn die Schübe stärker werden.
“Das Schwiergiste war die Akzeptanz.” – Michael Zakall
4) Was war, bzw. ist, das Schwierigste an der Erkrankung?
Das Schwierigste war die Akzeptanz. Es war, zu akzeptieren, dass die Krankheit nicht mehr weggehen wird, dass ich sie mein Leben lang haben werde.
Den Umgang mit der Erkrankung zu lernen war auch schwierig: Was ist richtig, was ist falsch, was tut mir gut, was tut mir nicht gut.
Die Neuausrichtung meines Lebens war eine andere Schwierigkeit: Ich habe alles komplett auf den Kopf stellen müssen. Was ich glaubte zu wissen habe ich hinterfragen und für die neue Situation abändern müssen. Ich habe einfach aufgehört festzuhalten, an was ich versuchte zu retten, und losgelassen. Man muss auch nicht für immer loslassen. Ich habe einen anderen Menschen aus mir machen müssen, und mir trotzdem dabei treubleiben müssen.
5) Worauf bist Du am meisten stolz, trotz Deiner Krankheit, erreicht zu haben?
Meine Ziele und meine Vision erreicht zu haben.
Ich bin gelernter Musicaldarsteller und Schauspieler, habe aber die Karriere an den Nagel gehangen, sowie ich sie ursprünglich ausgeübt hatte: im Theater zu sein, ein Nomadenleben zu führen und auf den Bühnen vom deutschsprachigen Raum zu sein.
Die Vision, glücklich zu sein und von dem, was ich mache, erfüllt zu sein, ist gleichgeblieben. Ich habe meine Karriere aufgegeben aber habe trotzdem nach den Zielen, die mich glücklich machen, und diese weiterhin verfolgt. Das ist etwas, worauf ich am allermeisten stolz bin, sowie den Status „glücklich sein“ wieder erlangt zu haben.
Früher hatte ich die Möglichkeit mit Musicals Leute zu unterhalten und glücklich zu machen. Jetzt, ohne dass ich ein Prediger sein möchte, kann ich Leute einfach begeistern, motivieren und zum Umdenken bringen. Das ist ein viel höheres Ziel als Leute zu unterhalten.
6) Was hättest Du anders gemacht?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie diese Erkrankung ausgelöst werden kann. Zu einem Argument zählt, dass es durch eine Salmonellenvergiftung ausgelöst werden kann, indem man eine Darminfektion hat. Ich hatte damals, 2015, drei Monate bevor die chronische Erkrankung entstanden ist, eine sehr schwerwiegende Salmonellenvergiftung. Wenn ich was ändern könnte – wobei ich auch nicht weiß, ob es natürlich das ist: Dieses Lachsbrötchen auf dem Flughafen, das sehr gut geschmeckt hat, nicht zu essen.
Nicht, dass ich mir Vorwürfe mache. Ich wusste es nicht besser, ich hätte damals nicht ansatzweise gedacht, dass es falsch war, weil das ein sehr namhaftes, hochwertiges und teures Restaurant war, in dem ich das gegessen habe, auch wenn es im Flughafen war. Trotzdem denke ich mir immer: „Warum habe ich es getan?“ Ich hätte aber nie anders reagieren können, weil ich mich für was Gutes, Richtiges, Sicheres entschieden habe, das trotzdem falsch war. Ich habe immer wieder überlegt: „Warum musste das so kommen? Warum war in an diesem Tag an diesem Ort?“
Aber ich hätte, auch wenn ich nicht gewusst hätte, was es mit sich bringt, niemals anders reagiert. Man nimmt natürlich nicht die billige oder die schlechte Version, aber natürlich das, wo man sagt: „Da könnte nichts passieren!“
7) Was hält Dich motiviert?
Eine richtige Vision, wie ich mein Leben leben möchte und was ich erreichen möchte, welche Art von Leben ich haben möchte. Das hält mich motiviert.
Was mich auch motiviert hält, ist die Einstellung, dass chronische Krankheiten kommen, dass Schübe kommen können, aber auch wieder gehen. Alles was nach unten geht, geht irgendwann nach oben.
Menschen, die mich positiv begleiten in meinem Leben, Menschen, um mich herum, die ein positives Mindset haben, sind ein Motivationsfaktor.
Und letztendlich das Verfolgen meiner Ziele hält mich auch motiviert.
8) Eine gelernte Lektion?
Geh nicht über deine Grenzen, wenn es nicht sein muss, und in den meisten Fällen, muss es auch nicht sein. Grenzen sind da, um ausgetestet zu werden – ist so ein Spruch. Aber es muss nicht sein. Schau lieber auf dich, auf das, was dir guttut. Miss dich nicht mit den Leistungen von Anderen, weil jeder Mensch nie die gleichen Ziele verfolgt, auch wenn sie oberflächlich so aussehen. Aber jeder bringt andere Voraussetzungen mit. Vergleiche dich im positiven Sinne, um dich motiviert zu fühlen. Aber sobald die Motivation erreicht ist, höre auf, dich mit anderen zu vergleichen, und vergleiche dich mit deiner Leistung aus der Vergangenheit.
9) Ein Ratschlag?
Wenn du eine chronische Krankheit hast, oder in diese Situation kommst, versuche dich mit Menschen auszutauschen und alle möglichen Informationen, die du kannst, zu bekommen. Gleichzeitig hab Geduld, hab auch Verständnis für deinen Körper und die Situation. Mache dich nicht fertig!
Sag dir selbst: „Alles ist gut, so wie ich es mache, weil ich sowieso nach bestem Gewissen handle.“
Hinterfrage ab und zu, was du zu wissen glaubst. Sonst neigt man immer dazu, das Gleiche zu machen, das nicht richtig ist. Man kommt nicht weiter, weil man das nicht sieht, was außerhalb des Tellerrandes ist.
“Nur weil schlechte Sachen passieren, bedeutet das nicht, dass man sein Schicksal akzeptieren muss, und nicht trotzdem etwas Positives daraus lernen kann.” – Michael Zakall
10) Ein letztes Wort zum Schluss?
Diese chronische Krankheit, so schlimm sie ist, so unangenehm sie ist, hat mir mehr Positives beigebracht als Negatives und hat mich durchaus zu einem besseren Menschen gemacht. Indem ich mich verändert habe, habe ich auch anderen Menschen ein bisschen positiv beeinflusst.
Nur weil schlechte Sachen passieren, bedeutet das nicht, dass man sein Schicksal akzeptieren muss, und nicht trotzdem etwas Positives daraus lernen kann.
Ich will auch nicht sagen, dass es die richtige und einzige Einstellung ist. Vielleicht ist es manchmal zu blauäugig. Aber solange ich da flexibel bleibe, kann mir hoffentlich nichts passieren. Wenn sich Umständen ändern, ändere ich mich und meine Einstellung. Dann hoffe ich, dass ich genug Kraft habe, um das durchzuziehen. Wenn ich sie nicht habe, dann habe ich sie einfach mal nicht. Trotzdem ist nichts verloren.
Picture by Michael Zakall